2001 Tabasco 5

Glaubt Gudrun S. 1 DM sei = 1 EURO?

Es gibt sie immer noch, die vielen Fachmagazine für Wirte, Cafétiers, Hoteliers, Gastronomen und andere.

In einem dieser Blättlis zeichnet Gudrun S. als Chefredaktorin. Manchmal überkommt sie der Mut, sie wagt sich an komplexe Fälle. Zum Beispiel ans Thema Preisvergleich von Tortilla-Wraps zwischen Deutschland und der Schweiz. Ein Gebiet mit Fallstricken: Deutsche Mark versus Schweizer Franken. Noch nix von Euro. Vielleicht hat sie das trotzdem ein bisschen Durcheinander gebracht. In Ihrem Artikel schreibt sie, die Tortillas seien in Deutschland für 56 Pfennige zu haben, in der Schweiz täten diese rund 90 Rappen kosten. Gudrun S. zu diesem Preisunterschied: "Der Import bedingt einen Preisunterschied.". Hmm...

Begeben wir uns auf ein einfaches Niewoo und nehmen an, eine DM entspreche 80 Rappen. Das hiesse, so ein Ding kostet umgerechnet 45 Rappen. Der Schweizer Preis wäre demnach rund doppelt so hoch wie derjenige in Deutschland. In Gudrun S.' Fachmagazin ist das ein importbedingter Preisunterschied....

Es ist Ferienzeit angesagt. Was macht Gudrun S. wenn sie in Italien eine Rechnung erhält? Nimmt sie einen Währungshüter mit oder wird ihr im Restaurant ein Joker gereicht: Anrufen oder Publikum befragen?

Die Zahl 25454

Alle Menschen haben Zahlen die ihnen wichtig sind. Die 7 als Glückszahl, den nicht existenten 13. Stock im Hotel, die 14 auf Cruiff's Leibchen.

Die Zahl 25454 ist einem Verleger aus Bern etwa so wichtig ist wie für Pamela Anderson oder Dolly Buster deren Oberweite. Diese Zahl muss nicht nur ins Impressum, nein sie ist ihm auch so wahnsinnig wichtig, dass er sie im Editorial erwähnen muss Nicht nur in einer, sonder bereits in zwei Ausgaben.

So wie die beiden Damen ihre Oberweiten (anfänglich sicher ganz natürlich) wachsen liessen, sind viele Verleger bestrebt, Jahr für Jahr eine höhere Auflagenzahl auszuweisen. Da könnte man doch mal fragen, was denn genau hinter diesen von der Wemf beglaubigten Zahlen steckt? Frau Plöger von der Wemf weiss da mehr. Sie ist die Anlaufstelle wenn es um Auflagenbeglaubigung geht. In den von ihr zugestellten aktuellen Unterlagen ist das Heftli aus Bern nicht aufgeführt. Muss es auch nicht, es steht jedem Wemf-Beglaubigten frei, ob er die Zahlen veröffentlichen lassen möchte oder nicht. Bei genauem Hinschauen stellt man allerdings fest, dass die Wemf nicht einfach das in Bern benützte Wort 'Auflage' verwendet, sondern etwas präziser die Begriffe 'Verkaufte Auflage', 'Gratis-Auflage' oder 'Zielversand' aufführt. Diese 3 Begriffe werden auch in dem mit der Beglaubigung vergebenen Auflage-Attest verwendet. In Bern hängt dieses Attest sicher im goldigen Rahmen und erhält morgens, abends und wenn zwischendurch mal Zeit ist, eine Huldigung.

Ziel der Wemf-Zahlen ist, dem Inserenten zu zeigen woran er sein könnte. Wer an nackte statistische Werte und nicht an emotionale Werte wie Leserbindung und ähnliches glaubt, der möchte nicht einfach ein Wort wie Auflage lesen, sondern der möchte es genau wissen: Verkaufte oder Gratis Auflage? Dieses Detail ist es, das etwa gleich brennend interessiert, wie uns Männer die Frage, ob uns ein Stück Silikon oder ein Stück Natur erwartet. Einige stehen auf Silikon. Auf was Berner Verleger stehen interessiert hier nicht. Interessant ist, dass das Berner Heftli in seiner Publikation weglässt, was eigentlich genau beglaubigt wurde. Vielleicht schämt er sich das Wörtchen Gratis davor zu setzen. Zumindest in den Vorjahren war bei der Wemf nachzulesen, die Auflage in Bern sei eine Gratis-Auflage. Und wenn man nachfragt teilt Frau Plöger mit, sie hätten den Berner zwar darauf hingewiesen dass seine Art der Bekanntmachung nicht so super sei, aber mehr als schreiben könnten sie ihm das nicht.

Rindsfilet oder Faux-Filet?

Stellen sie sich vor, beim Metzger würde einfach Filet angepriesen. Was würde Konsument wohl denken? Er würde hoffen, es sei ein Rindsfilet. Aber es könnte ja auch ein Straussenfilet sein. Oder ein Faux-Filet. Der Filet Typ hat erheblichen Einfluss auf den Verkaufspreis. Der Amtsschimmel käme im wehenden Galopp und würde auf Konsumentenschutz und Anschreibepflicht bestehen.

In Sachen Auflage korrekt anschreiben kann Frau Plöger mit ihrer Firma nichts weiter unternehmen. Vielleicht hofft sie, jemand mache sich die Mühe und reiche bei einem hohen Gericht zu Bern Strafanzeige in Sachen Verstoss gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb ein. Dann wüsste sie, ob das Vergessen eines Wortteils eigentlich erlaubt ist oder nicht. Es wäre ein kleiner Fall. Kein Staatsanwalt müsste auf die Bahamas reisen. Er müsste lediglich den Wemf-Report und die Bestimmungen zur Hand nehmen. Aber offensichtlich ist es niemandem so unheimlich wichtig was ein Berner Heftli schreibt, und deshalb reagiert keiner. Denn wieviele Leser haben Wemf-beglaubigte Gratis-Auflagen? Diese Zahl steht nirgends. Also vergleichen ich mit einer Gratiszeitung. Zum Beispiel der nicht mehr existierenden Züri-Woche. Die soll ca. 0.8 Leser pro Nummer gehabt haben. Für 20% der Nummern vergebens den Regenwald geschändet oder Abgase beim Altpapiersammeln verpufft. Eine akutellere Zahl aus einer anderen Region: Die Gratiszeitung Baslerstab. Da sollen vor 2 Jahren angenommene 183000 Leser die 191274 Auflage zur Hand genommen haben.

Die hotel + tourismus revue schreibt, sie habe gedruckte 22000 und Wemf-beglaubigte 12185 verkaufte Exemplare (neu sogar 13001).

Mit Zahlen lässt sich's wunderbar jonglieren. So warte ich mit Spannung auf weitere statistische Werte die ich mit zwei Zitaten von Strachey lesen werde:

1. Die Statistik ist eine grosse Lüge die aus lauter kleinen Wahrheiten besteht.

Die Kurzform dieser Feststellung:

2. Statistik: verlogene Wahrheiten.

Pam soll inzwischen bei ihren Balloons etwas Luft abgelassen haben. Sie kam zum Schluss dass weniger ist oft mehr ist.

Die Zahl 134

Der Rechtsextremismus hat zugenommen, 134 Fälle seien im Jahr 2000 in der Schweiz zu verzeichnen gewesen. Die Stiftung Gegen Rassismus liest das Berner Gratisheftli. In einem früheren Jahr listete die Stiftung 53 Fälle von Rechtsextremismus (www.gra.ch) auf, einer der Fälle betrifft den Berner Verlag mit der magischen Zahl 25454. Wollte der so Auflage steigern?

Sonntagsarbeit

Eine der täglichen Gratiszeitungen die überall auf Leser lauern, schrieb über das Thema Zuschlag bei Sonntagsarbeit und glaubte, Mitarbeiter im Restaurant würden für ihren Sonntagseinsatz mit einer Zulage belohnt. Prompt kam ein Leserbrief der Gewerkschaft und bedauerte, dass eben keine Sonntagszuschläge bezahlt würden. Stellungnahme der GastroSuisse? Keine.
Wer soll denn einen solchen Zuschlag finanzieren. Der Arbeitgeber aus dem Gewinnchen das ihm gemäss Statistik bleibt? Wohl kaum. Also der Gast. Nehmen wir an, ein durchschnittlicher Betrieb hat im Idealfall ca. 30-35% Lohnkosten für die direkte Leistungserstellung (also mindestens Service- und Küchen-Lohn, die Verwaltung kann am Wochenende zu Hause bleiben). Auf diesen Lohnzahlungen wären 50% Sonntagszuschlag zu bezahlen. Da müsste der Gast bei einer Konsumation von Fr. 5.- bereit sein, einen Sonntagszuschlag von annähernd einem Franken zu zahlen. Ein Kaffee mit Gipfeli würde dann am Sonntag z.B. 6 statt 5 Franken kosten, einfach weils grad Sonntag ist.

Mir scheint das ein alter Zopf dem die da nachrennen. Nicht das ich ein Befürworter von Manchester-Kapitalismus wäre, aber in unserer Multi-Kulti-Gesellschaft mit verfassungsrechtlich garantierter Religionsfreiheit hätten die Muslime eigentlich Anspruch auf Sonntag am Freitag und die Juden auf Sonntag am Samstag. Die Atheisten gingen leer aus.

In Zeiten in denen von Jahresarbeitszeit die Rede ist, verliert das Thema Sonntagszuschlag an Beduetung. Ob ich diese Zeilen nun am Montag oder am Sonntag schreibe ist doch egal. Falls heute wirklich grad Sonntag ist, dann nehme ich mir vielleicht am Montag frei. Natürlich ist mir klar, dass Familien sich nach Schulzeiten richten müssen und den Sonntag nicht einfach zum Werktag machen können. Aber von all den andern möchte vielleicht manch eine(r) am Sonntag arbeiten um dann unter der Woche in Ruhe eine sonnige Ausflugs-Terrasse zu geniessen.

Besseres BVG statt Sonntagszuschlag?

Den vielen teilzeitenden Frauen zuliebe würde besser Zeit in die Frage investiert, wie man bei Teilzeitangestellten auf eine anständige koordinierte Lohnsumme kommt. Damit könnte aufs Rentenalter hin ein ordentliches Auskommen ermöglicht werden. Zum Beispiel, indem man die koordinierte Lohnsumme prozentual der Arbeitszeit angleicht. Das wären etwas nachhaltigere Ausgaben für die MitarbeiterInnen als die schnell verputzten Sonntagszuschläge. Tausche Sonntagszuschlag gegen verbesserte Altersrente?

Unsere Bundesverfassung beginnt mit "Im Namen Gottes des Allmächtigen!". Pfarrer wie Pfärrinnen haben keinen Anspruch auf 50% mehr Lohn für ihren Sonntagseinsatz. Also ist es wohl Gottes Wille, dass Sonntags-Zuschläge nicht so wichtig sind. Amen.

Staatlich gelenktes Ausschreiben

Vor etwas über einem Jahr wurde ein neuer Pächter für die Kunsthaus-Restauration in Zürich gesucht. Die Stadt liess sich nicht lumpen. Insgesamt sollen ja über 50 Millionen in den Umbau des Kunsthauses investiert werden. Da soll auch bei der Vermietung zuerst mal ordentlich Honorar fliessen. Die Stadt beauftrage Martin Volkart aus Solothurn mit der Mietersuche. So wurde sichergestellt, dass nicht à la 'Badi Mythenquai Bachmann Ernst Fall' danach Gerüchte über Vetternwirtschaft die Runde machen würden. Gesucht wurde ein Mieter der ca. 2 Millionen in das Restaurant investieren sollte. Hierfür produzierte Martin Volkart ein ca. 20-seitiges Dossier. In diesem ein Ertrags-Budget in dem kein Gewinn vorgesehen war.... Unterstützend mitgewirkt hat die Beratung des Schweizer Hotelier-Vereins. In deren Teil des Dossiers fand sich in den Investitionsdetails unter Küche + Lagerung ein Auto im Betrag von Fr. 33'000.-. Was würde wohl ein Lebensmittler sagen, wenn ein Auto in der Küche stünde? Vielleicht als Transportmittel vom Herd zum Pass?

Nach aufwendigem Auswahlverfahren wurde ein Vertrag mit Peter Brunner abgeschlossen. Dass er von 1,5 Millionen Investitionen statt den in der Ausschreibung genannten 2 Millionen sprach, irritierte Insider ein Bisschen. Auch waren diejenigen, die sich mit Bauterminen und -Abläufen und den damit zusammenhängenden offenen Fragen beschäftigt hatten erstaunt, dass Peter Brunner hier anscheinend keine Probleme hatte.

Stadtrat Dr. Dr. Wagner brachte es fertig, der bisherigen Hauptmieterin Feldschlösschen nicht mit dem amtlichen Formular zu kündigen. Aber diese war eine faire Partnerin. Sie verlangte nicht die halbe Million die Gastro-Zürich Präsident Bachmann bei der Zürichsee-Schiffahrt für einen ähnlich Faux-pas verlangte. So haben also gleich zwei indirekt von Staatsgeldern profitierende Vermieter etwas Geld mit fehlerhaften Kündigungen verdummt. Isch nüd so bravo.

Es dauerte ca. ein halbes Jahr bis erste Gerüchte über Unstimmigkeiten zwischen den neuen Vertrags-Parteien die Runde machten. Das Restaurant war inzwischen geschlossen worden, gebaut wurde nichts. Die Mitteilung, dass Brunners Vertrag vom letzten Sommer nun doch nicht in dieser Form zustande kommt, überraschte deshalb kaum noch.

Seit über einem halben Jahr steht nun ein leeres Restaurant herum, 30 - 40 Mitarbeiter verloren ihre Stelle, und niemand baggert Umsatz an dieser gut frequentierten Lage.

Neuer Briefkopf, alte Zahlen

Eine Neuausschreibung wurde nötig. Diesmal auf Briefpapier der ibk + partner mit der Bitte, man möge sich für die Besichtigung doch direkt bei Hr. Martin Volkart anmelden. Sicher ist es reiner Zufall, dass das Budget im Dossier der ibk von exakt den gleichen Umsatz- (3,75 Mio) und Betriebsaufwands-Zahlen ausgeht wie noch vor einem Jahr das Dossier Volkart. Dabei wurde inzwischen die Neueröffnung um ca. 1 Jahr verschoben. Wie wäre es da mit einer teuerungsbedingten Umsatzzunahme? Oder mit einer Berücksichtigung des nunmehr anstehenden Mindestlohnes? Oder gar mit den gewerkschaftlich erwünschten Sonntagszuschlägen? Neu muss nun der gesuchte Mieter nur noch ca. 650'000 in die Hand nehmen um das Kleininventar und Start-Up zu finanzieren. Im Vergleich zur Urversion hat, wurde abgesehen von den deshalb geänderten Abschreibungen und Zinsen eigentlich nur eine Zahl angepasst: Bei Betriebsleitung/Verwaltung wurde mit der Bemerkung 'inkl. Risikoanteil' ein um 30'000 höherer Betrag eingesetzt. Weniger als 1% des Umsatzes wird dem zukünftigen Mieter als Vergütung für sein Risiko im Jahr nach dem Umbau zugestanden. Für die Investition selbst sowie einem Betriebskredit wurde im Budget mit einem kalkulatorischem Zins von 3% gerechnet. Kennen Sie eine Bank die ein Restaurant zu solchen Konditionen finanzieren würde?

Von der Wiege bis zur Bare schreibt der Schweizer Formulare

Es ist mal wieder Mitte Jahr und die Eidgenössische Weinhandelskommission muss ihre Tätigkeit rechtfertigen. Der einzelne Weinhändler zahlt dieser Staats-Stelle ca. 500.- pro Jahr und erhält dafür jährlich die Pflicht, seinen Warenbestand per 30.6. zu melden und die verkauften Anzahl Liter im abgelaufenen Jahr. Die jährlich einzureichenden Formulare sind möglichst so aufgebaut, dass die Informationen nicht einfach auf Knopfdruck vom gängigen Computerprogramm gedruckt werden können. In einer Brochure schlägt die Kommission deshalb auch vor, mit welcher Software der Weinhändler am besten arbeiten sollte. So wird ein eigentlicher Heimatschutz für ein halbes Dutzend Softwarebuden betrieben.

Mit dem Inkrafttreten des neuen Lebensmittelgesetzes in 1995 hätte diese Amtsstelle sanft entschlafen können. Nur zur Sicherstellung der Ursprungsbezeichnungen bedarf es sicher keines Stalls mit Amtsschimmeln. In der Kommission für. Ursprungsbezeichnungen sitzt nur ein Vertreter der Weinhandelskommission, und das erst noch ohne Stimmrecht. Weshalb gibt sich in Bern niemand eine Schupf, nimmt den Rotstift und erspart einigen Weinhändlern ein jährliches Ärgernis und dem Bürger ein paar Steuerfranken? Der Heftli-Macher aus Bern ist doch mit dem Bundesrat per Du. Er könnte doch einen offenen Brief mit seinem Fazit dazu schreiben.