2002 Buffet 7

Über ein halbes Jahr hinweg sammeln sich einige vegetarische Unannehmlichkeiten an. Eigentlich völlig überflüssig, aufgeweckte Gastgeber müssten inzwischen realisiert haben, dass ein immer grösserer Anteil dann und wann gerne Tierlos isst. Ein Potpurri der letzten 6 Monate:

Piccata für Fr. 1.80

Medienmenschen, dazu gehört auch die Spezies die in der Werbung und Kommunikation werkt, essen und trinken gerne gut und besuchten deshalb die obere Flühgasse in Zürich. Das Tagesmenu – Suppe, Salat, Piccata und Risotto – zu Franken 19.80 würde eigentlich passen, nur ist die Zusammenstellung nicht so Vegi. Also eine Vegivariante verlangen, zum Beispiel Spinat statt Piccata. Ja, das sei möglich, aber Warnung, der Spinat müsse separat bezahlt werden. Kostenpunkt Franken 10.80. OK dachte sich die Popeyegestärkte Rechnerleistung im Hirn, das Piccata wird wohl ähnlich viel kosten, also gleicht sich dies wohl plus-minus aus. In der Schlussabrechnung zeigte sich, dass in jenem Hause Fleisch zu äusserst günstigen Konditionen eingekauft wird, und deshalb auch ganz günstig an die Gäste abgegeben werden kann. Das Tagesmenu ohne Fleisch wurde mit Franken 18.00 belastet, zuzüglich Kosten für den Spinat. Also kostet deren Piccata im Verkauf gerade mal Franken 1.80. Wenn Fleisch in der oberen Flühgasse so günstig ist, lohnt es sich, Vegi zu bleiben oder zu werden. Denn was für ein Piccata kann Fleischesser für Franken 1.80 im Restaurant erwarten?

13 fantasielose Punkte

Im Frühjahr trifft sich jeweils die Kriminologenvereinigung in Interlaken zum Jahreskongress. Am ersten Abend findet die Generalversammlung mit zumeist nachfolgendem individuellen a la carte Essen im Restaurant des Hotel Du Nord statt. Am zweiten Abend das grosse Bankett, ebenfalls in den gleichen Räumen.

A la carte stand am ersten Abend ein einziges Vegi-Gericht zur Auswahl. Das stimmt nicht ganz mit den in der Werbung in der Mehrzahl genannten ‚vegetarian dishes‘ überein. Heikle Sache solche Werbeversprechungen, speziell wenn das ganze Restaurant gerammelt voll mit Anwälten, Bundesrichtern und Strafrechts-Professoren ist. Nicht gravierend, da das Blätterteigkissen mit Gemüse ganz nett daherkam. Vorausschauende Vegis fragen deshalb am Vorabend nach, ob denn beim Bankett ein Vegi-Menu möglich sei. Aber ja doch, wurde bestätigt.

Was wurde den Vegis als Hauptgang am Bankett des Folgetages serviert? Hmmm. Es scheint, als kenne Küchenchef Hans-Peter Häni nur eine vegetarische Kombination. Und die war nur für drei Gäste erhältlich. Mindestens sechs im vollständig ausgebuchten Raum wünschten jedoch eine. Da kam keine Freude auf.

Frank Urbaniok, Psychiater in der Strafanstalt Regensdorf, war mit dabei in diesem Trauerspiel. Frank Urbaniok ist bekannt dafür, auch bei hoffnungslosen Fällen an eine Therapie zu glauben. Vielleicht schickt er dem Du Nord einmal sein gääles Wägeli vorbei und nimmt die Küchencrew zur Therapie. 13 Punkte ist dem GaultMillau die Küche im DuNord wert. Hoffen wir, dass nach einer Urbaniok Therapie auch die Vegi-Küche diesem Punktestand entspricht. Der nächste Frühling in Interlaken kommt bestimmt.

Grüne Gabel für Grünschnäbel

In der Mensa der Universität Fribourg liegen Flyers auf mit dem Logo ‚Fourchette verte‘. Das macht die Mensa vertrauenswürdig und die heranwachsenden Grünschnäbel mit zunehmendem Hang zu Tierloser Ernährung sollten dort ordentlich verpflegt werden. Schön wärs. Vegis haben häufig das Nachsehen. Erst seit ca. einem Jahr wird deren Menu überhaupt auf der Tafel aufgeführt. Bis dahin war es ein grosses Rätselraten, was denn nach langem Anstehen überhaupt geboten würde. Aber seit das Vegi angeschrieben wurde kam es vor, dass bereits um zwei Minuten nach zwölf das Vegi Menu ausverkauft war. Die Notlösung hiess dann mal wieder Salatbuffet oder eine Falafel im Bio-Tip holen. Letzteres eigentlich keine Notlösung, sondern ein Aufsteller. Nach solchen Reinfällen wurde es Zeit, das Kleingedruckte von ‚Fourchette verte‘ zu lesen. Oh Wunder, was von weitem Vegimässig tönt, ist gar keine Vegi-Auszeichnung, sondern soll irgendeine Qualitätsmarke darstellen. Die grüne Gabel bestätigt eine gesunde Ernährung, alkoholfreie Getränke zu günstigen Preisen und mindestens 25 Prozent der Plätze als Nichtraucherplätze.

Rauchen denn 75 Prozent der Bevölkerung dass bei 25 Prozent der Plätze bereits eine Auszeichnung verdient ist?

Die originellste Anti-Vegetarierin

Das Isebähnli, Mariannes älteste und originellste Weinstube Zürichs, pflegt einen rabiaten Umgang mit vegetarisch denkenden oder lebenden. Ob ihre Behandlung unter originell fällt? Die Stiftung für das Tier im Recht hat ihren Sitz in Zürich und deshalb kehrte ein Stiftungsrat mit einem ausländischen Kollegen im Isebähnli ein um etwas zu essen. Zum gewünschten Wein entsprach auf der Karte nur die Käseplatte deren Vorstellungen. Statt Wein und Käseplättli erhielten die beiden jedoch abschätzige Bemerkungen der Chefin quer durch die ganze Stube zu hören. Bedient wurden sie wegen der vegetarischen Einstellung nicht, und deshalb verliessen sie nach einiger Zeit diesen Ort der Unfreundlichkeit.

Salz&Technik schrieb dazu: Wohl hat sich Erwin Kessler nach eigenem Bekunden aus der operativen Ebene des VgT zurückgezogen. Aber seine Jünger sind noch aktiv. Zum Beispiel jene, die mit WC-Papierrollen aus Protest gegen den Foie-gras Service die Flughafen-WC’s lahmlegten. Solch bewährte Ideen könnten auch in der Zürcher Altstadt angewendet werden. Eine originelle Idee für Marianne wäre, im Isebähnli sicherheitshalber auf Closomat umzustellen und das WC Papier in einen Tresor zu sperren.

Voila, solchen Behandlungen sind je nach Statistik bis zu 20 Prozent der Bevölkerung potentiell ausgesetzt. Falls nach soviel Fleischlosigkeit das Wasser im Munde zusammenläuft und ein Fleischstück im Traum erscheint, dann ab zu Jacky. Für einmal nicht zu Jacky Donatz sondern zu Jackys Stapferstube. Simon Birlin war auch mal während sieben Jahren Vegetarier, inzwischen hat er jedoch seine Einstellung geändert und das macht sein Fleisch glaubwürdiger als eine Piccata für Franken 1.80.