2001 S+P 9

Nachfolger gesucht

Die Suche eines neuen Chefredaktors für unser Schwestermagazin Cigar bescherte uns auch Post zum nachdenklich stimmen.

Da schreibt ein Bewerber nach reiflicher Überlegung: "Meine Kunden mit denen ich seit Jahren schon gute Umsätze tätige, befürworten leider nicht, wenn ich für Salz & Pfeffer tätig werde. Wenn ich nur eine Zeile für Sie schreiben würde, hätte ich einen fristlosen Mandatsentzug."

Wie frei schreibt wohl ein Journalist, der so drangalisiert von seinen Auftraggebern tätig ist. Würde er zu schreiben wagen, dass der grösste Deutsche Pizzaverteiler Pizzas ohne Mozzarella herstellt? Der Herr hat übrigens "einen Marktwert, an den haben sich alle zu halten". Wie viel ist denn seine unabhängige, von einem fristlosen Mandatsentzug bedrohte Schreibe wert? 40'000 Franken pro Artikel für ein Wirtschaftsmagazin?

Aus seiner Sicht besteht die Gefahr, dass man als Mitspieler im Pfefferland "von den Schweizer Medien überfallartig in die "schwule" Ecke gedrängt werde, also nicht an der redaktionellen Leistung, sondern an den sexuellen Ausschweifungen meiner Vorgänger gemessen werde..." Autsch! Was für ein Problem haben Menschen, die solches schreiben und denken. Sind die eventuell neidisch auf das ausschweifend-promiske Leben das den Nicht-Heteros nachgesagt wird.

Dabei bräuchte sich der Bewerbus interruptus zur Zeit keine Sorgen über die Präferenzen im Gewürzhaus zu machen. Seit Ende August sind im Salz&Pfefferland nur Hetis tätig. Zum Beispiel ich. In wenigen Monaten 20 Jahre mit der besten Frau aller Zeiten verheiratet. Ich weiss, alle sagen das über ihre Frauen, aber bei mir stimmt's. Daneben bin ich über 10 Jahre mit dem Salz&Pfefferland verbandelt, In diesen Jahren hatte ich nie das Gefühl, ich müsse sicherheitshalber mit Blechhosen bewaffnet zur Arbeit erscheinen. Auch hat mir kein Auftraggeber je ein Mandat gekündigt. Im Treppenhaus werde ich weiterhin freundlich gegrüsst, und an der Weiblichkeit meiner Frau besteht kein Zweifel. Was plagt nur jemanden, der mit solch gewundenen Erklärungen seine Bewerbung zurückzieht. Die Frage nach seinem Betreibungsauszug?

Für die Vielfalt wäre es gut, auch Homosexuelle im Team zu haben. Es ist doch fad, nur über die immer gleichen Bars und Beizen zu schreiben. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass häufig Schwule und Lesben vor den Hetis spüren, ob eine Beiz Erfolg haben könnte oder nicht. Bis wir im Verlag wieder die nötige Gspüri-Vielfalt haben, orientieren wir uns zum Beispiel bei www.derrosaroteadrian.ch.

Dort wird zur Zeit 'The most gay-friendly place' mittels Internet-Abstimmung erkoren. Nomen est omen oder ist es reiner Zufall oder eben so, dass die schon wissen was gut ist? Zur Zeit schwingt das Adrianos in Bern obenauf. Der Ueli Prager Preisträger an erster Stelle. Adrian Iten hat Frauen gerne. Sehr gerne. Die Frauen von Bern würden mit ihren Tränen die Aare über die Ufer treten lassen, wenn der Adrian Iten für sie nicht zu haben wäre. Schade für die rosaroten, trotzdem führt seine Bar die Hitliste an. Schön, sind die Stimmbürger beim rosarotenadrian.ch etwas toleranter als andere die Angst haben "dann von den sogenannten ernstzunehmenden Wirtschaftsmedien zur "persona non grata" erklärt" zu werden. Ich bin lieber persona non grata als ein Rücken non grada.

Energy ohne Geschichtskunde

Energy Drinks haben sich in den letzten Jahren wie Karnickel vermehrt. Einige Hundert Sorten kommen und gehen oder bleiben auf dem Markt. Vom bekannten Red Bull über das eher verstaubte Villa Wahnsinn. Vom geschmacklosen Namen H.I.V. bis hin zum nicht durch die Nase einnehmbaren Koks. Auch in der Karibik verkaufen sich diese nach flüssigen Gümmibärli schmeckenden Drinks in den kleinen Dosen. In der Dominikanischen Republik wird Vodka mit einem Energy-Drink namens Ciclon gemischt. Bestimmt hat sich der Erfinder des Namens Ciclon an den englischen Ausdruck Cyclone für Wirbelwind angelehnt. Eine Assoziation zum Wort Zyklon wird ja kaum möglich sein. Schliesslich trinkt man dieses Ciclon ja ennet dem grossen Teich, weit weg von Europa und seiner Geschichte. Im Kleingedruckten findet sich jedoch eine Adresse in Wien, und der Geschäftsführer trägt einen sehr europäischen Namen. Hat der Geschäftsführer namens Alfred Rothensteiner im Geschichtsunterricht verpasst, was ein Herrn Eichmann von Wien aus verbrochen hat?

Red Bull gibt sich alle Mühe, um via Zürcher Handelsgericht eine Marke Red Bat vom Markt zu vertreiben. Fragt sich, ob es nicht besser wäre, einmal in Österreich nach dem Rechten zu sehen. Ciclon hat - im Gegensatz zu Red Bat - ein dem Red Bull sehr ähnliches Blau.

Rote Gefahr aus Deutschland?

Salz&Pfefferstreuer besuchen Veranstaltungen um herauszufinden, welche Gefahren auf die 5% Geniesser dieser Welt lauern. Anlässlich eines Pizza-Talks stellte sich heraus, dass der Gründer der Deutschen Pizza-Take-Away-Kette Joey's noch nie in Italien war. Trotzdem vertreibt er bereits an über 100 Stellen seine Teigscheiben. Der Gründer Carsten Gerlach übernahm die Amerikanischen Pizza Hut Vorlagen um sie auf Deutsche Gaumenbedürfnisse zuzuschneidern. Dabei schreckt er nicht davor zurück, Pizzas auch ganz ohne Tomatensauce herzustellen. Aus Deutschland droht also keine rote Gefahr. Seine Verkaufshits sind länderspezifische Pizzas im Stil von Wikinger-Pizza, Ungarn Pizza und anderen mehr. Dass er käsemässig nur in wenigen Fällen mit Mozzarella, standardmässig jedoch mit Gouda arbeitet, überrascht deshalb kaum noch.

Eine EU-Pizza-Norm

Die Euro-Bürokraten in Brüssel haben gerade und krumme Gurken in unterschiedliche Handelsklassen eingeteilt, eine Pizza-Norm besteht noch keine. Was ist denn eine echte Pizza? Hört man was Kids von heute im Tram palavern stellt man erstaunt fest, dass für die Jugendlichen Pizza Hut eine Deutsche Kette ist. Das rote Dach im Logo weckt bei Ihnen Assoziationen zu einer Kopfbedeckung. Soll man diesen Kids die korrekte Aussprache 'Hæt' beibringen? Soll man diesen Kids sagen, dass dort eine Amerikanische Pizza auf sie wartet und die Pizza eigentlich eine italienische Erfindung war? Einige dieser Girls 'n Boyz reisen nach Italien, sehen eine von den hundertundzig Spizzico Pizzerias und glauben, das sei nun die echte Pizzeria. Kann eine Kette, die Pizzas mit Mais-Körnern und roten Bohnen anbietet, wirklich glaubwürdig italienische Pizzas herstellen? Bei den Italienern wird zusätzlich noch eine Portion Pommes-Frites zum Menu geliefert. Die jungen streuten diese Frites über die Pizza. Italien wird in Sachen Big Fat Mamas in Kürze mit den Amis gleichziehen. Wenn das so weiter geht, bleibt schlussendlich nur noch die Schweiz als Hüterin der Original-Pizza? Das Zugticket nach Italien sparen und in einem Santa Lucia eine Pizza aus dem Holzofen ordern. Ohne Euro-Norm, aber eine frisch gemachte, knusprige Angelegenheit mit einem ordentlichen Glas Wein dazu.

Die Markengläubigkeit in Sachen Kleider, Essen und Trinken treibt seltsame Blüten. Im Touristenshop der Playa Dorada, eines der eingezäunten Touristenghettos der Karibik, findet sich ein Käppi mit einem Hard Rock Café Logo darauf. Wie bei den gleich gestalteten T-Shirts steht dort auch der Name der Stadt in der dieses Hard Rock Café besucht wurde drauf: Puerto Plata. Falls Sie ein solches Logo zu Hause haben, decken Sie's ab. In Puerto Plata gibt's kein Hard Rock Café...

EP 578653

Konsum-Enten oder besser Konsum-Lämmer werden sich bestimmt losgelöst von Pizzanormen auch mit EP 578653 füttern lassen. Gemäss Greenpeace wurde für die Firma Seabright unter dieser Patentnummer ein genetisch modifizierter Lachs eingetragen. EP 578653-Lachs besitzt ein zusätzliches Gen für schnelleres Wachstum, um sich schlussendlich zum 8-Fachen des normalen Lachses zu entwickeln. Inzwischen hat sich die Firma umbenannt. Sie heisst nun neu Genesis....

Mit zu diesem Konzern gehört eine Firma A/F Proteins. Bei dieser sollen bereits 15 Millionen genetisch modifizierte Fischeier bereit zum Verkauf liegen.

Die A/F Proteins macht sich in Sachen Fisch noch weitere Gedanken. Gut genährte Fische haben einen ganz natürlichen Drang sich zu vermehren. Denn gut genährte Fische glauben sich in einem Umfeld, in dem es noch viele von ihresgleichen vertragen könnte. Fische die ihre Energie jedoch in Reproduktion statt Wachstum investieren, bringen weniger Return on Investment für die Fischfarmer. Also gilt es, ein "turn-off fish reproduction" zu entwickeln. Es geht um Geld und deshalb wird nach einer billigen, natürlichen oder leicht modifizierten Food-Komponente gesucht, mit der die Vermehrung verhindert werden soll. Eine Anti-Baby-Pille für Lachsfarmen. Bleibt zu hoffen, dass Konsum-Lämmer, die diesen Fisch verzehren, ganz ohne Nachkommen aussterben. Nicht weiter besprochen werden muss, dass eine solche Firma auch Fischfutter entwickelt. Das spezielle daran ist das Bestreben, die Farbe des Fisches nicht allzusehr wie Zuchtfisch aussehen zu lassen.

Die A/F Proteins forscht nicht nur hinter den Fischen her, auch Käse ist in deren Visier. Aus Sicht der Forscher hat Käse die Unart, erst nach einiger Zeit zu reifen um die unterschiedlichen Reifegrade zu entwickeln. In unserer Zeit soll der Cheddar-Käse nun nicht mehr während 3 Jahren bei 10 Grad gelagert werden. Mittels eines der Milch beigegebenen Enzyms soll der Reifeprozess verkürzt werden.

Was sind das nur für Menschen, die einem Käse nicht die Zeit gönnen, in einem Keller vor sich hinzureifen? Es dürften die gleichen sein, die für die Kaffeeproduzenten Ethylen produzieren damit die Kaffeebohnen alle gleichzeitig reifen. Es dürften die gleichen sein, die dafür besorgt sein werden, dass alle Weinjahrgänge gleichgeschaltet werden. Es dürften die gleichen sein, die uns ein Stück Lebenskultur rauben. Räuber die für Tun nicht bestraft werden können.